#016 Das ökonomische Potenzial generativer KI

McKinsey schätzt, dass in diesen Bereichen Mehrwerte im Gegenwert von nahezu 2,5-3 Billionen Dollar entstehen könnte, indem die KI Interaktionen den Kunden unterstützt.

#016 Das ökonomische Potenzial generativer KI

Zusammenfassung McKinsey&Company: Das ökonomische Potenzial generativer KI (Juni 2023): https://www.mckinsey.com/capabilities/mckinsey-digital/our-insights/The-economic-potential-of-generative-AI-The-next-productivity-frontier#key-insights

Generative KI findet Anwendung in Tools wie ChatGPT und anderen, um Texte, Softwarecode oder Bilder zu generieren. Die Plattform hat in nur 2 Monaten 100 Millionen Nutzer erreicht und ist damit die am schnellsten gewachsene Internet-Anwendung aller Zeiten. Doch warum ist das so und welches wirtschaftliche Potenzial steckt dahinter? McKinsey versucht hier eine Einschätzung vorzunehmen.

Die den KI Anwendungen zugrundeliegenden Modelle können mit ihren künstlichen neuronalen Netzen ähnlich wie ein menschliches Gehirn extrem viele Daten nutzen und interpretieren. Es ist daher naheliegend, dass diese Technologie ein ungeahntes Potenzial zur Unterstützung in Sales, Marketing, Softwareentwicklung, Forschung/Entwicklung und Kundenbetrieb haben kann. McKinsey schätzt, dass in diesen Bereichen Mehrwerte im Gegenwert von nahezu 2,5-3 Billionen Dollar entstehen könnte, indem die KI Interaktionen mit Kunden unterstützt, Inhalt für Marketing kreiert, Softwarecode auf Basis menschlicher Sprache erstellt und vieles mehr und dadurch enorme Zeiteinsparungen mit sich bringt.

Betrachtet man unterschiedliche Branchen, wird laut der Studie der Mehrwert vor allem im Bankwesen, Hightech-Branchen oder im Einzelhandel entstehen, indem Arbeitsschritte automatisiert werden, die bislang 60-70% der Arbeitszeit von Mitarbeitern in Anspruch nehmen. Insbesondere stark wissensbasierte Tätigkeiten und Berufsfelder werden hier positiv beeinflusst werden. Der zwar bislang auch bereits durch andere Technologien angetriebene prognostizierte Wandel der Arbeitswelt wird sich erheblich beschleunigen. Die Steigerung der Arbeitsproduktivität kann jedoch nur dann in ein geschätztes Produktivitätswachstum von 0,2-3,3 Prozentpunkte p.a.  umgesetzt werden, wenn Mitarbeiter beim Erlernen und Anwenden der neuen Technologien Unterstützung erhalten. Und andererseits dürfen mit der KI verbundene Risiken nicht unterschätzt werden.

Um das Potenzial einzuschätzen und zu bewerten, zieht die Studie zwei Perspektiven in Betracht: Die erste Perspektive betrachtet Anwendungsfälle mit messbaren Ergebnissen wie etwa Zeitersparnis und bessere Ergebnisse bei personalisierten Mails im Marketing-Bereich. McKinsey schätzt hier einen wirtschaftlichen Nutzen von 2,6-4,4 Billionen Dollar p.a. Die zweite Perspektive ergänzt um mögliche positive Auswirkungen auf Arbeitstätigkeiten wie etwa die Kommunikation mit Kollegen über unternehmerische Planungen oder Wissensnutzung und -management, so dass ein wirtschaftlicher Gesamtnutzen von 6-8 Billionen Dollar geschätzt wird. Das Suchen und Verwenden von internem Wissen und die Datennutzung und -interpretation wird erheblich vereinfacht. Der bisherige Einfluss der KI durch Optimierungsanwendungen verliert im Vergleich prozentual an Relevanz.

Als Beispiele nennt McKinsey:

Neben den genannten Bereichen, die vermutlich 70% der Produktivitätsvorteile generieren, entstehen weitere positive Effekte in anderen Unternehmensbereichen (Strategie & Finanzen, Supply Chain Management, Corporate IT,…) und anderen Branchen (Bildung, Versicherungen, Gesundheit, Banking,…).

Wie entstehen nun die positiven Auswirkungen auf die Arbeit und Produktivität?

Vermutlich wird die Unterstützung mittels generativer KI deutlich schneller einen Effekt auf die menschliche Arbeit haben als bisherige technologiegestützte Automatisierungen dies hatten. Von McKinsey durchgeführte Studien lassen vermuten, dass bisherige Szenarien neu überdacht werden müssen und ein Zeitgewinn von bis zu 15 Jahren möglich ist, indem generative KI das technische Automatisierungspotenzial erheblich beschleunigt, da auch die damit gewonnene Arbeitszeit anstelle durch Routinetätigkeiten anderweitig genutzt werden kann wie etwa Analysen und Weiterentwicklungen, so dass sich die Geschwindigkeit noch einmal erhöhen kann. Insbesondere in Industrieländern, in denen das Lohnniveau höher ist, amortisieren sich die Automationen noch früher. Die Auswirkung generativer KI wird daher insbesondere in Aufgabenbereichen des Know How Transfer und und dessen Anwendung noch einmal deutlicher sichtbar, weil der Vorteil der natürlichsprachlichen Fähigkeiten generativer KI einen größeren Nutzen schafft als in der Automatisierung von Datenmanagementaufgaben oder gar physischen Tätigkeiten.

Was bedeutet das für Wirtschaft und Gesellschaft?

Neue Technologien haben bereits in der Vergangenheit ein Wandel der kompletten Gesellschaft  ermöglicht. Neben der Optimierung von Geschäftsprozessen rückt die KI immer mehr in den Fokus, noch mehr Einfluss zu nehmen und die Art der Arbeit komplett zu verändern. Jedoch müssen auch Risiken und Herausforderungen kritisch betrachtet werden: auf welchen Trainingsdaten basieren Antworten und wie zuverlässig und korrekt sind diese dann? Was bedeuten die Anwendungen für geistiges Eigentum, Datenschutz und Fakenews? Wie groß ist die Akzeptanz unter den Mitarbeitern tatsächlich, wenn sich Arbeitsszenarien komplett ändern? Wie schafft man es, dass KI nicht in “falsche Hände” und negative Anwendungsbereiche fällt?

Für Unternehmen gilt es nun, herauszufinden, wie der potenzielle Wert der generativen KI genutzt werden kann und gleichzeitig die Risiken zu bewältigen. Wie verändern sich Berufe und Fähigkeiten der Mitarbeiter, wie muss das Unternehmen beim Erwerb neuer Kompetenzen unterstützen?

Ebenso müssen politische Entscheidungsträger reagieren: Muss die Planung von Arbeitskräften, Ausbildungswege und Schulungsmaßnahmen überdacht werden? Wie kann politisch und rechtlich verhindert werden, dass KI auf eine Weise eingesetzt wird, die der gesamten Gesellschaft schaden kann?

Und auch für jeden Einzelnen von uns stellt sich die Frage, wie man zwischen Annehmlichkeiten durch die Erleichterung im Beruf mit eventuell negativen Auswirkungen auf den Arbeitsplatz abwägt.

Das Werkzeug der KI hat das Potenzial, einen erheblichen Wert für die Weltwirtschaft zu schaffen, was in einer Zeit, die durch wirtschaftliche Probleme der Corona- und Energiekrise sowie der Notwendigkeit, dem Klimawandel entgegenzuwirken großen Nutzen bringen kann. Gleichzeitig birgt es ein erhebliches Risiko zur Destabilisierung und Verunsicherung, weil es zwei wichtige Komponenten - menschliche Sprache und Wissen - miteinander verbindet.

Als Fazit fasst die Studie zusammen, dass Unternehmen, politische Entscheidungsträger und Bürger eine enge Zusammenarbeit anstreben müssen, um sicherzustellen, dass mithilfe generativer KI das Potenzial genutzt werden kann, was Werte schafft und andererseits das Potenzial der Zerstörung begrenzt.